„Religion und DDR-Atheismus – (k)ein Widerspruch?“ – Reflexion der Tagung vom 30.10.2014

Am 30.10.2014 fand an der Universität Würzburg die Tagung „Religion und DDR-Atheismus – (k)ein Widerspruch?“ statt. Die Tagung ist gut besucht gewesen; so haben neben Studenten und Lehrern ebenso Interessierte teilgenommen und im abschließenden Podium mitdiskutiert.

Den Eröffnungsvortrag hat Herr Bauer gehalten. In seinem Vortrag zum Thema „Theologie im Unrechtsstaat“ ist er der Frage nachgegangen, wie man als Theologe/ Gläubiger in einer Diktatur leben und wirken kann; ausgehend von der These, dass sich Religion und Diktatur feindlich gegenüberstehen, entwickelt er mehrere Modelle, welche anzeigen, wie man in einem Unrechtsstaat theologisch wirken kann. So geht er unter anderem auf Karl Barth und dessen Modell des politischen Mandats ein und erklärt daran, dass die Kirche in einer Diktatur als Wächter fungieren müsse und dadurch mahnend und erinnernd auf die Politik einwirke. Ebenso setzt er sich kritisch mit dem Modell der Kirche im Sozialismus auseinander und macht auf die Ängste und Hoffnungen der evangelischen Kirche diesbezüglich aufmerksam, hatte diese doch darauf gehofft, dadurch Verbesserungen zu erwirken.

Im Anschluss an diesen Vortrag arbeitet Herr Müller die katholische Kirche im Sozialismus auf. So macht er in seinem Vortrag einerseits darauf aufmerksam, dass die katholische Kirche in der DDR eine Minderheitenkirche ist, gleichwohl eine Flüchtlingskirche. Diese besondere Situation führt dazu, dass die katholische Kirche sich darum bemüht, die eigene Kirche und ihre Christen vor dem Zugriff durch den SED-Apparat zu schützen. Gleichwohl aber macht die katholische Kirche darauf aufmerksam, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihr und dem SED-Sozialismus nicht möglich sei. Auf der Grundlage von Zitaten und Bildern berühmter katholischer Geistlicher macht Herr Müller eindrucksvoll jene katholische Positionsbestimmung deutlich; so verweist er unter anderem auf das sprachliche Bild von Bischof Otto Spülbeck, welcher eindrucksvoll die doppelte Diaspora der katholischen Kirche angesprochen hat, indem er auf die Kirche in einem fremden Haus verwiesen hat.

Nach der Mittagspause ist man daran gegangen, die politische Seite dieses schwierigen Verhältnisses von Religion und Politik aufzuarbeiten.

So hat Tobias Pohl in seinem Vortrag das Modell der Politischen Religion aufgegriffen und ausgeführt, dass mit der Moderne die Kirche und ihr Anspruch zurückgedrängt worden sei, dass jedoch das Religiöse im Menschen nach neuen Formen der Sakralität gesucht und dabei quasireligiöse Gedankengebäude und Ideen/ Ideologien entworfen habe. Im Anschluss daran hat er gezeigt, dass die DDR durchaus als Politische Religion bezeichnet werden könne. Gerade die Stellung der SED und deren ideologischer Anspruch, gerade die Funktion des MfS und dessen Selbstverständnis sowie die ideologische Darstellung machen darauf aufmerksam, dass die DDR und die SED sich selbst in ein quasi-religiöses Licht gerückt hätten.

Im abschließenden Vortrag hat Herr Söllner schließlich die Geschichte des Totalitarismus dargelegt und an den Klassikern gezeigt, wie sich das Konzept des Totalitarismus entwickelt und zu einem wissenschaftlichen wiewohl auch politischen Modell geworden ist. Gerade der Verweis auf Arendt und Friedrich – jene Klassiker, welche in den Schulen bis heute als Standardtheoretiker gelehrt und vermittelt werden – gerade dieser Verweis macht auf die Aktualität der Debatte aufmerksam.

Im abschließenden Podium sind unter der Leitung von Frau Dr. Schwarz sowie Herrn Dr. Gsänger zentrale Fragen der Tagung noch einmal aufgegriffen worden. Mit Blick auf die zentralen Begrifflichkeiten – Politik und Religion, Staat und Kirche – bemerkt das Podium die Schwierigkeit der exakten Trennung dieser Begriffe. So könne man zwar zwischen Staat und Kirche unterscheiden, institutionell und organisatorisch, jedoch eine genaue Trennung von Politik und Religion erweise sich als schwierig, zumal die Religion einige Aspekte des Politischen aufgenommen habe, ebenso die Politik religiöse Elemente in sich verarbeitet und integriert habe. Insofern mahnt das Podium, dass man sich genau mit diesem Verhältnis zu befassen habe, gleichwohl aufmerksam jedwede Formen von „Verbrüderungen“ von Religion und Politik beobachten und begleiten müsse.

Insgesamt ist es eine gelungene Tagung/ Veranstaltung gewesen.

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